von Stößel, J.
Die stetige Entwicklung neuer Technologien ermöglicht interessante und anwenderfreundliche Möglichkeiten zur Durchführung von Bewegungsanalysen (Hughes et al., 2021). Gerade in der Sportwissenschaft sind technisch gestützte Bewegungsanalysen ein geeignetes Mittel, um wissenschaftliche Fragestellungen beantworten zu können. Sie kann zudem eine Anwendung in gesundheitsrelevanten oder sportbezogenen Berufen finden.

In der Praxis umfassen Dienstleistungen, welche eine Bewegungsanalyse beinhalten, den Zweck, innerhalb eines ökonomisch-effizienten Zeitfensters ein Bewegungsbild zu erfassen und zu bewerten. Dies kann zum Beispiel im Rahmen eines Diagnoseverfahrens zur Feststellung des Ursprungs eines Schmerzes beim Laufen sein. Das Zeitfenster einer solchen Untersuchung muss gleichermaßen die biomechanischen Wechselwirkungen erfassen und zudem den ökonomischen Rahmenbedingungen gerecht werden. Einer der entscheidenden Faktoren ist die Dauer der Analyse bzw. der Grad Ermüdung, welcher zudem von der individuellen Belastungsintensität abhängig ist, da sie erst nach einer beanspruchenden Belastung über einen entsprechenden Zeitraum eintritt (Hollmann & Strüder, 2009).
Daher ist eine kritische Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten und Grenzen dieser Methoden und methodischer Einflussfaktoren von großer Bedeutung. Vor dem Hintergrund, wurde in diesem Experiment untersucht, welchen Einfluss die Ermüdung auf die Kinematik des Laufens hat.
Methode
Testpersonen
Laufgeschwindigkeit: 17,7 km/h.
Laufgeschwindigkeit: 10,5 km/h.
Laufgeschwindigkeit: 10,5 km/h.
Kategorisierung der Leistungsklassen angelehnt an (Maas et al., 2018).
Untersuchungsprotokoll

10 km Lauf auf dem Laufband (ProForm) die individuelle Laufgeschwindigkeit entsprach Borg 16 (Borg, 1982), welche in einem 6-minütigen vorangestellten Stufentest vor der Hauptuntersuchung bestimmt wurde. Durch den Stufentest konnten Gewöhnungs- und Anpassungsprozesse an das Laufband vor der Hauptmessung stattfinden (Lavcanska et al., 2005).
Datenerhebung


- Messsystem: Inertialmesssystem Noraxon.
- Kalibrierungsposition standing straight am Kalibrierungsstand (Abb. oben rechts).
- Grad der Ermüdung wurde mithilfe der Borg-Skala (1982) erfasst.
Auswertung
Dargestellt und analysiert wurden die mittleren Winkelverläufe mit 95 % Konfidenzintervall für die Knie-, Hüft- und Dorsalflexionen. Die mittleren Verläufe resultierten dabei aus 24 Zyklen aus dem jeweils 1. und 10. km des Laufes. Ein signifikanter Unterschied ist zu erkennen, wenn keine Überschneidung der eingeblendeten Konfidenzintervalle besteht. Weitere Parameter sind der Abschlussarbeit zu entnehmen.
Ein Bewegungszyklus wurde dabei nach Bauersfeld und Schröter (1985) in die vordere Stützphase (VST), die hintere Stützphase (HST), die hintere Schwungphase (HSW) und die vordere Schwungphase (VSW) eingeteilt.
Ergebnisse






Bei allen Läufern sind nach 10 km signifikante Unterschiede in der Bewegungsausführung zu erkennen. Die Unterschiede sind bei den Läufern in verschiedener Ausprägung vorhanden, wobei die Freizeitläufer speziell in den Extremwerten stärkere Abweichungen aufwiesen als der Leistungsläufer.
Diskussion
Anhand der Ergebnisse wird sichtbar, dass die Dauer des Laufes eine deutliche Relevanz besitzt. Bei einer zeitlimitierten Untersuchung sollte daher kritisch bedacht und geplant werden, wie ein gewünschter Ermüdungszustand erreicht oder vermieden werden kann, sodass die Bewegungsanalyse das Untersuchungsziel erreichen kann.
Gerade Bewegungsanalysen, welche Rückschlüsse auf die Bewegungsausführung über längere Belastungszeiten oder Distanzen geben sollen, benötigen entsprechende Erhebungszeiten. Auch der Trainingsstand der Probanden muss in Anbetracht der Ergebnisse dieser Untersuchung berücksichtigt werden, da die Stabilität des Laufstils dem Niveau entsprechend unterschiedlich ausgeprägt sein kann, was vorherige Erkenntnisse von Maas et al. (2018) bestätigt. Jedoch ist nicht nur die Ermüdung ein wesentlicher Faktor, in einer weiteren Studie wurde untersucht, ob der Laufuntergrund ebenfalls die Bewegungsausführung beim Laufen beeinflusst.
Literatur
Bauersfeld, K. H. & Schröter, G. (2016). Grundlagen der Leichtathletik: Das Standardwerk für Ausbildung und Praxis (6., aktualisierte Auflage). Meyer & Meyer Verlag.
Borg, G. A. (1982). Psychophysical bases of perceived exertion. Medicine and science in sports and exercise, 14(5), 377–381.
Hollmann, W. & Strüder, H. K. (2009). Sportmedizin: Grundlagen für körperliche Aktivität, Training und Präventivmedizin (5. Aufl.). Orthopädie, Sportmedizin. Schattauer GmbH Verlag für Medizin und Naturwissenschaften.
Hughes, G. T. G., Camomilla, V., Vanwanseele, B., Harrison, A. J., Fong, D. T. P. & Bradshaw, E. J. (2021). Novel technology in sports biomechanics: some words of caution. Sports biomechanics, 1–9. https://doi.org/10.1080/14763141.2020.1869453
Lavcanska, V., Taylor, N. F. & Schache, A. G. (2005). Familiarization to treadmill running in young unimpaired adults. Human Movement Science, 24(4), 544–557. https://doi.org/10.1016/j.humov.2005.08.001
Maas, E., Bie, J. de, Vanfleteren, R., Hoogkamer, W. & Vanwanseele, B. (2018). Novice runners show greater changes in kinematics with fatigue compared with competitive runners. Sports biomechanics, 17(3), 350–360. https://doi.org/10.1080/14763141.2017.1347193
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Joshua Stößel
Studium: Sportwissenschaft und Biologie (Bachelor of Arts)
